Wenn die europäische Wirtschaftsschwäche in eine Rezession übergeht, ist „jede unglückliche Familie auf ihre eigene Weise unglücklich“ – was auch für die Länder der Eurozone gilt.
Die zunehmende wirtschaftliche Divergenz wird die Eurozone belasten, was im schlimmsten Fall zum Zusammenbruch führen könnte. Das Projekt der Europäischen Währungsunion (WWU) konnte nicht abgeschlossen werden. Während die von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgegebenen Banknoten eine einheitliche Bonität aufweisen, ist der Wert der bei Banken hinterlegten Euro von Land zu Land unterschiedlich. Dies hängt von der finanziellen Handlungsfähigkeit der nationalen Regierungen ab, um die Einlagen zu untermauern, wenn Banken ausfallen.
Die Bankenunion sollte die WWU vollenden, doch ihre wichtigste Komponente, eine gemeinsame Einlagensicherung, fehlt aufgrund des politischen Widerstands gegen die Risikoteilung immer noch. Während der deutsche Finanzminister Olaf Scholz kürzlich einen möglichen Kompromiss vorgeschlagen hat, argumentieren Kritiker, dass der Euro zum Scheitern verurteilt ist.
Wir glauben, dass es eine Lösung geben könnte: die Schaffung eines wirklich digitalen Euros.
Der erste Schritt in Richtung eines solchen digitalen Euros wäre die Einführung einer vollständig mit Zentralbankgeld besicherten Bankeinlage. Die EZB könnte durch den Kauf ausstehender Staatsanleihen der Eurozone effektiv Mittel zur Deckung der Einlagen bereitstellen.
In einem zweiten Schritt könnte die Sicherheitsleistung als digitales Zentralbankgeld eingerichtet werden, das mithilfe der Blockchain-Technologie von Person zu Person oder von Unternehmen zu Unternehmen übertragen werden kann. Der Euro würde dann zu einer „stabilen Münze“, die ausschließlich durch Staatsanleihen gedeckt wird. Nur die EZB wäre für die Emission verantwortlich.
Um dieses neue Asset-Token vor Missbrauch durch Regierungen und Fälschungen zu schützen, könnte der elektronische Euro mit einem digitalen Wasserzeichen versehen werden. Dies würde bedeuten, die Regeln für die ursprüngliche Einrichtung und die künftige Erhöhung der Geldmenge als „intelligenten Vertrag“ in die Codierung einzubetten, die mit dem Aktiva-Token verbunden ist. Die Geldmenge würde durch weitere Käufe von Staatsanleihen erhöht, aber solche Käufe müssten unabhängig von politischem Einfluss und mit einer langfristigen Perspektive vereinbart werden.
So könnte sich beispielsweise das Wachstum der digitalen Euro-Geldmenge an dem erwarteten Wachstumspotenzial der Wirtschaft des Euroraums orientieren.
Anstatt sich auf die Kreditvergabe der Banken zu verlassen, würde die Geldmenge durch eine Erhöhung der EZB-Bestände an Staatsanleihen ausgeweitet. Um zu vermeiden, dass Geld zur Finanzierung von Staatshaushaltsdefiziten gedruckt wird, könnten sich die Regierungen verpflichten, das Geld, das sie aus den Anleiheverkäufen erhalten, als „Gelddividende“ direkt an ihre Bürger zu verteilen.
In einer Welt des digitalen Euros würden die Geschäftsbanken vor allem Einlagen entgegennehmen und an Investoren ausleihen. Sie könnten weiterhin privates Schuldengeld durch Kreditvergabe schaffen, aber es gäbe keine staatliche Garantie für die paritätische Umwandlung in digitale Euro. Die Banken würden anfangen, Investmentfonds zu ähneln, deren Vermögen durch ein Eigenkapitalpolster vor dem ersten Verlust geschützt ist. Die Sparer könnten die für sie geeignete Bank nach ihren Präferenzen für Rendite und First-Loss-Schutz auswählen. Die Zentralbank würde die Möglichkeit verlieren, die Zinssätze für die Verwaltung der Kreditgelder der Banken für politische Zwecke zu verwenden. Angesichts der neuen Inkompetenz der Geldpolitik in einer Welt negativer Zinsen würde dies kaum eine Rolle spielen.
Die Digitalisierung bietet unserer Meinung nach eine Möglichkeit, die Verschuldung der Staaten der Eurozone zu reduzieren und den Euro zu sichern. Die steuerlich konservativen Länder des Nordens würden der einen – Abschaffung der Monetarisierung der Altschulden in der Bilanz der EZB zustimmen, um die Schaffung von sicherem Geld zu gewährleisten.
Im Gegenzug müssten die hochverschuldeten Länder des Südens akzeptieren, dass nach der Einmalzahlung ihrer Altschulden weitere Rettungsmaßnahmen durch Schuldentilgung nicht mehr möglich sind. Damit würden Staatsanleihen im Wert von 7 Billionen Euro aus dem Markt genommen.
Die Staatsverschuldung aller Länder der Eurozone könnte auf weniger als 25% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) reduziert werden, was jedem einzelnen Land neuen Spielraum für eine vorsichtige Finanzpolitik eröffnet.
Geld, das durch Bankkredite geschaffen wird, braucht eine starke staatliche Unterstützung, die die Eurozone nicht aufgebaut hat. Digitales Geld hingegen kann ohne staatliche Garantie existieren. Ein digitaler Euro, der von der EZB ausgegeben wird, wäre nicht nur stärker, sondern könnte mit dem Dollar sowie mit anderem digitalen Geld konkurrieren, um eine globale Reservewährung zu werden.
Zentralbanker sind von Natur aus konservativ und nicht experimentierfreudig. Aber mit dem Rücken zur Wand werden sie bald keine andere Wahl haben, als über experimentelle Maßnahmen nachzudenken, um den Euro vor dem Auseinanderbrechen in einer Rezession zu retten.